Stadt Hannover

Bürger:innnenbeteiligung

Mai 3, 2022

Ein relevantes Nachbarschaftszentrum lässt sich am besten gestalten, indem man mit der Einbeziehung von (potenziellen) Nutzer:innen, Anwohner:innen und anderen Akteuren beginnt. So kann die neue Gemeinschaftseinrichtung zu einer Institution werden, die sowohl von als auch für jedermann geschaffen ist. Um das zu erreichen, hat includi für die Stadt Hannover ein partizipatives Verfahren zur Gestaltung des neuen Stadtteilzentrums im Stadtteil Döhren entwickelt und die Ergebnisse in einer umfassenden Forschungsstudie zusammengefasst.

Der Stadtteil Döhren mit seinen rund 14.000 Einwohnern ist im Süden Hannovers gelegen. Sein lokales Freizeitheim ist stark sanierungsbedürftig. Zudem benötigen die vielfältigen angebotenen Aktivitäten im Freizeitheim mehr Raum als derzeit zur Verfügung steht. Dies gilt auch für drei weitere städtische Einrichtungen im Stadtteil Döhren: Das Jugendzentrum, das Bürgeramt und die Stadtteilbibliothek. Diese vier Einrichtungen – alle in den 1970er Jahren errichtet – sind für die soziale Infrastruktur des Stadtteils Döhren und der weiteren Region unverzichtbar.

Die für die vier Gebäude kalkulierten Renovierungskosten wurden jedoch als unwirtschaftlich erachtet. Aus diesem Grund schlug die Stadtverwaltung vor, zu prüfen, ob es sinnvoll und von den Bürger:innen gewünscht wäre, die vier Einrichtungen in einem einzigen Gebäude zusammenzufassen. Da der politische Wille dazu da war, sollte das angedachte Gebäude als neues Stadtteilzentrum fungieren – ein Konzept, das in den 1960er Jahren im nahe gelegenen Stadtteil Linden in Hannover erstmals entwickelt und umgesetzt wurde.

Eine dreistufige experimentelle Studie zur Potentialanalyse

Partizipative Verfahren ermöglichen es Bürger:innen, ihr unmittelbares Umfeld aktiv mitzugestalten. Die Stadt Hannover beauftragte unser Team mit der Durchführung einer Datenanalyse zu den Zielgruppen eines neuen Stadtteilzentrums in Döhren sowie mit der Veranstaltung diverser Workshops.

Unsere Recherche hatte das Ziel, die soziale Infrastruktur des Stadtteils zu untersuchen und Einblicke in die Bedürfnisse der Bürger:innen sowie ihre Anforderungen an ein zukünftiges Stadtteilzentrum zu gewinnen. Schließlich sollte dieser neue inklusive Ort eine substanzielle Wirkung auf den gesamten Stadtteil und darüber hinaus entfalten.

Obwohl die Umsetzung noch mehrere Jahre dauern wird, hat unsere Forschungsstudie gezeigt, dass die permanente Beteiligung der Bürger:innen für den kontinuierlichen Erfolg des Projekts unerlässlich ist.

Eunice Ma Eunice Ma Innenarchitektin bei includi

Wir entschieden uns für einen umfassenden Ansatz und beschlossen, quantitative sowie qualitative Methoden der Datenerhebung zu kombinieren und in einem dreistufigen Forschungsprozess zu synchronisieren. Unser Ansatz führte uns von allgemeineren zu immer spezifischeren Faktoren, von der neutralen Beobachtung der lokalen Situation hin zu einer konkreten Definition von Zweck und Versprechen des neuen Stadtteilzentrums.

Methoden der partizipativen Forchung

Die Methoden der partizipativen Forschung bestehen typischerweise aus Gruppendiskussionen über persönliche Erfahrungen sowie aus Interviews, Umfragen und Analysen. In unserer umfangreichen Forschungsstudie für das neue Stadtteilzentrum in Döhren sind diese Elemente über mehrere Studienphasen verteilt. In der ersten Studienphase führten wir eine detaillierte Datenanalyse zu den sozialen, geografischen und wirtschaftlichen Strukturen des Stadtteils Döhren durch. Ziel war es, die für das Projekt und den Stadtteil relevanten Akteure, Themen und Trends zu identifizieren und so erste Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wer die zukünftigen Zielgruppen dieses Stadtteilzentrums sein werden.

In der zweiten Phase haben wir uns auf die Nutzer:innen konzentriert. Es war uns wichtig, Methoden anzuwenden, die es ermöglichen, so viele verschiedene Gruppen wie möglich einzubeziehen. Daher beschlossen wir, mit Straßeninterviews, interaktiven Workshops und inklusiven Kartenspielsitzungen zu arbeiten. includi verfügt über eigens entwickelte Kartenspiele, die speziell dafür konzipiert wurden, auf visuelle, taktile und informelle Weise Brainstorming-Prozesse zu fördern. Sie sind insbesondere dazu geeignet, implizite und womöglich unbewusste Ideen und Wünsche von Nutzern in konkrete Bilder zu übersetzen.

Ausgehend von den ersten Ergebnissen entwickelte das includi-Team eine methodische Herangehensweise, um im Zuge der nächsten Schritte tiefer in die Materie einzutauchen. Vor allem führte das Team mehrere sogenannte Live-Sessions durch – ein umfassendes Programm aus offenen Fragen und Diskussionen, das dazu dient neue Einsichten zu gewinnen und bisherige Erkenntnisse zu validieren. Die Erkenntnisse aus den ersten beiden Phasen bildeten die Grundlage für den letzten Schritt: Ein dreitägiger Workshop mit unserem Team und den Mitarbeiter:innen der Stadt Hannover, um die Frage nach dem „Warum“ des Projekts zu diskutieren. Das Wissen um die Beweggründe des Projekts hat sowohl eine motivierende Wirkung auf sämtliche Projektbeteiligten als auch auf unsere Zielgruppen. Die zugrundeliegende Motivation unseres „Warum“ zu verstehen, dient uns also als Grundlage für den nachhaltigen Erfolg unseres Handelns.

Eine Kultur des Miteinanders und der Toleranz

Im Rahmen unserer vielschichtigen Recherche haben wir konkrete Bedürfnisse und Wünsche der Bürger:innen an ein neues Stadtteilzentrum in Döhren ermittelt. Unsere Studie stellt damit einen wichtigen Ausgangspunkt für sämtliche weitergehenden Analysen und Projektplanungen dar. Die Auswertung der von uns erhobenen Daten hat vor allem wichtige soziokulturelle Erkenntnisse zutage gefördert, die sich hervorragend dazu eignen, die Notwendigkeit solcher Projekte zu begründen. Insgesamt beinhalten die Ergebnisse der Studie tiefe Einblicke in die wesentlichen Bedürfnisse der Bürger:innen und Nutzer:innen an das zukünftige Stadtteilzentrum unter Berücksichtigung funktionaler, sozialer, technischer, räumlicher und programmatischer Aspekte.

„Obwohl die Umsetzung noch mehrere Jahre dauern wird, hat unsere Studie gezeigt, dass die permanente Beteiligung der Bürger:innen für den kontinuierlichen Erfolg des Projekts unerlässlich ist”, resümiert Eunice Ma, Innenarchitektin bei includi. „Ein wichtiger Faktor in Bezug auf die Frage, ob sich das neue Stadtteilzentrum in Döhren zu einem relevanten, inklusiven Ort entwickeln wird, ist die dort erlebbare Atmosphäre, die im Idealfall von einer Kultur des Miteinanders und der Toleranz geprägt sein wird – und das schon ab den ersten Schritten der Projektumsetzung.“

Der positive Nutzen unserer Studienergebnisse die Stadt Hannover liegt auf der Hand: Selbst ein Stadtteilzentrum, das möglichst vielen Menschen zur Verfügung stehen und von ihnen genutzt werden soll, muss nicht unbedingt ein „Alleskönner” sein. Vielmehr ist es wichtig, die grundlegenden Wünsche und Bedürfnisse der tatsächlichen Zielgruppen und zukünftigen Nutzer:innen zu berücksichtigen. Genau das erwarten letztlich auch die Bürger:innen, die sich an partizipativen Prozessen beteiligen. 
Fortsetzung folgt!

Projektinformationen

Bürger:innenbeteiligung & Forschungsstudie in der Stadt Hannover 
Auftraggeber: Stadt Hannover, Fachbereich Gebäudemanagement Hannover
includi-Team: Aat Vos, Eunice Ma, Sarah Stötzner, Wouter van Bijsterveld
Fotos: Marco Heyda